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Gero Nawroth, Fachartikel für „Neue Landwirtschaft“, dem Fachmagazin für den Agrarmanager, (Ausgabe 10/2006)

Geld für den Bodenkauf: Warum tun sich Banken bei der Finanzierung häufig schwer?

Was kann ein Agrarunternehmer tun, um dennoch den erforderlichen Kredit für den Bodenkauf zu bekommen.

Der Boden ist die Grundlage der landwirtschaftlichen Produktion. Der Erwerb von Boden gewinnt als eine Maßnahme zur langfristigen Bewirtschaftungssicherung für viele Agrarunternehmen zunehmend an Bedeutung. So wechselten in den letzten Jahren rund 138.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche pro Jahr den Eigentümer; wobei insbesondere in den neuen Ländern – aufgrund einiger spezifischer Sonderbedingungen – eine enorme Dynamik zu verzeichnen ist (Bodenmarkt 1, S. 4). Bei einem Strukturwandel von durchschnittlich jährlich 3,3 Prozent in den letzten zehn Jahren in Deutschland und damit Abnahme der Anzahl der Betriebe von 587.100 auf 395.500, bei etwa gleicher Gesamtbewirtschaftungsfläche von rund 17 Millionen Hektar bleibt auch zukünftig das Thema Bodenkauf für jeden Betriebsleiter stets aktuell.

Bodenkauf oft emotional geprägt
Die Frage, ob es sich lohnt, Fläche zu kaufen, impliziert eine rationale Entscheidung. Da die sachlichen Entscheidungsparameter betriebsindividuell verschieden sind und häufig unter unwägbaren Annahmen gefällt werden (beispielsweise kann allein der betrachtete Kalkulationszeitraum erheblich differieren), geben nach unseren langjährigen Erfahrungen in der Bank- und Beratungspraxis häufig emotionale Gründe den Ausschlag für den Kauf von Grund und Boden. So wird z. B. die Möglichkeit, Fläche eines Nachbarbetriebes zu kaufen, als „einmalig“ empfunden, und wenn dann noch der zeitliche Entscheidungsspielraum vom Nachbarn eng vorgegeben wird, muss man sich schnell entscheiden; was einer nüchternen betriebswirtschaftlichen Kalkulation nicht immer zuträglich ist.

Strategischer Bodenkauf erfordert Bankunterstützung
Zunehmend gewinnt die Überlegung, sich strategisch auf einen käuflichen Erwerb von landwirtschaftlichen Nutzflächen einzustellen, an Bedeutung. Dafür ist einerseits die Frage zu beantworten, welche Flächen mit welcher Priorität zu erwerben sind. Andererseits muss der Landwirt auch wissen, woher er das Geld für den Bodenkauf bekommt. Hierzu ist in der Regel – sofern Fremdkapital eingesetzt werden soll oder muss – die Bereitstellung des jeweils notwendigen Finanzierungsrahmens durch eine Bank und eine zeitnahe Begleitung erforderlich. Dass der klassische Agrarkredit sich in einem erheblichen Wandel befindet – mit immer weniger auf dieses Geschäft spezialisierten Banken (siehe NL 4/2006, S. 20) – zeigt sich allerdings auch an der Finanzierungszurückhaltung der Banken beim speziellen Thema Flächenkauf. Inzwischen üben betroffene Landwirte ohne qualifizierte Unterstützung häufig schon deshalb Zurückhaltung im Verhandlungsgespräch mit der Bank, weil sie die Sorge haben, dass möglicherweise keine weitere Bank bereit ist, überhaupt eine Flächenerwerbsfinanzierung zu begleiten. Selbst der für eine Bank, die dieses Geschäft versteht, nahezu risikolos zu begleitende vergünstigte Flächenerwerb nach Flächenerwerbsverordnung zum EALG blieb unter anderem deshalb bisher unter den Erwartungen der BVVG Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH zurück.

Warum tun sich Banken schwer, einen Bodenkredit zu gewähren?
Hier hilft ein Blick „hinter die Kulissen“, um einerseits bei einem Kreditgespräch entsprechend gewappnet zu sein und andererseits abschätzen zu können, ob es überhaupt sinnvoll ist, an die jeweilige Bank mit diesem Finanzierungswunsch heranzutreten. Die Bank als Kapitalgeber beeinflusst das eigentliche (Rechts-)Geschäft zwischen Bodenverkäufer und -käufer mittels ihrer Darlehensverträge für den Kreditnehmer maßgeblich. Ihr Interesse liegt nicht in erster Linie darin, dass der Boden zum besseren Wirt wandert, sondern darin, dass ihr heraus gelegter Kredit entsprechend verzinst zurückgezahlt wird. Aus diesem Grundverständnis resultieren auch die „Spielregeln“, denen sich Landwirte bei der Finanzierung eines Bodenkaufs gegenüber gestellt sehen.

Bodenkauffinanzierung aus allgemeiner Bankensicht:
Grundsätzlich ist zunächst zwischen der „Bonität“ des Kreditnehmers einerseits und der Bewertung einer zur Verfügung stehenden „Sicherheit“ andererseits zu unterscheiden. Erstere drückt sich bekanntlich in einer Ratingnote (nach „Basel II“ stärkere Gewichtung!), letztere in einem Beleihungswert (nach interner Bewertung) aus. Zusammen ergibt das die „Gesamtengagementbetrachtung“, welche letztlich für oder gegen eine Kreditvergabe spricht. Aufsichtsrechtliche Vorgaben erfordern zukünftig eine noch stärkere Beachtung dieser getrennt voneinander vorzunehmenden Beurteilung von den Banken, wenn sie nicht Wettbewerbsnachteile erleiden wollen. Ein Landwirt sollte sich deshalb besser von der alten Vorstellung verabschieden, allein aufgrund einer aus seiner Sicht vergleichsweise guten Besicherung (Boden- bzw. Grundschuld) bereits kreditwürdigzu sein!
Hinzu kommt, dass als Voraussetzung für die Besicherung mit dem Objekt „unbebaute landwirtschaftliche Nutzfläche“ entsprechende interne Richtlinien von der Bank verabschiedet sein sollten. Ansonsten haben Kreditgeberin (die Bank) und Kreditnehmer (der Landwirt) schnell ein gegenseitiges „Bewertungsproblem“: Eine Bank, deren Beleihungswertgrundsätze die Bewertung von landwirtschaftlich genutztem Grund und Boden nicht vorsieht, kann diese überhaupt nicht bewerten! Auch ein externes Bewertungsgutachten hilft hier dann kaum weiter. Zwar finanzieren auch Banken, deren interne Bewertungsmethoden die „unbebaute Immobilie“ nicht zulassen durchaus auch hin und wieder landwirtschaftliche Bodenkäufe. Dies geschieht dann aber faktisch so, als ob es sich um eine Blankofinanzierung, d.h. eine Finanzierung ohne Sicherheit handeln würde. Häufig geschieht dies dann auch nur als Paketfinanzierung, d.h. im Rahmen der Übernahme größerer Gesamtfinanzierungen.

Keine Privilegierung für Realkredite
Da landwirtschaftlich genutzte Flächen seit 1998 keine Realkreditprivilegierung mehr genießen – und damit ihre bis dahin vorzügliche Sicherheitenstellung verloren haben – kann diese Sicherheit allein auch keinen positiven Einfluss auf die Konditionsgestaltung bzw. Kreditpreisfindung haben. Ob im Hinblick auf die aktuell anstehende Umsetzung der Eigenkapitalrichtlinie „Basel II“ in nationales Recht hier nachträglich wieder eine Aufnahme in die Liste der privilegierten Objekte erfolgt – wie vom Berufsstand gefordert –, bleibt abzuwarten. Nur dann könnte sich aufgrund der verringerten Risikogewichtung auch das von der Bank zu unterlegende Eigenkapital verringern und hätte damit einen Einfluss auf den Kreditpreis.

Was spricht für Bodenfinanzierung?
Eine Bank mit landwirtschaftlicher Fachexpertise sollte darüber hinaus grundsätzlich dennoch eine positive Finanzierungsbereitschaft erkennen lassen. Folgende Punkte können dafür sprechen:
• Der Boden stellt ein vergleichsweise beständiges Investitionsobjekt dar, weil bei sachgemäßer Bewirtschaftung keine Abnutzung erfolgt.
• Daraus folgt in der Regel ein Werterhalt, oftmals auch eine Wertsteigerung.
• Es besteht mittels Grundschuld eine rechtlich gute Besicherungsmöglichkeit (auch ohne Zahlungsansprüche).
• Bei entsprechender regionaler Marktkenntnis wäre im Falle einer ggf. notwendigen Verwertung auch eine Drittverwendungsmöglichkeitgegeben.
• Die Finanzierungen lassen sich einfach gestalten und sind i. d. R. langfristig.
• Üblich sind eine anteilige, ca. 30%ige Unterlegung der Finanzierung mit liquidem Eigenkapital. Es sollten aber durchaus auch 100% Finanzierungen möglich sein, sofern die Bonität des Kreditnehmers dies zulässt.
• Auch bei eingeschränkter AFP-Förderung gibt es verschiedene Finanzierungsvarianten und Bausteine (u.a. Hausbankdarlehen, Mittel der Landwirtschaftlichen Rentenbank etc.).

Was kann der Landwirt tun?
Generell ist es empfehlenswert, wirtschaftliche Verhältnisse transparent zu machen, d. h. offen zu legen. Dies sollte auch bei Kreditvolumina unterhalb der Offenlegungspflicht nach Kreditwesengesetz (§18 KWG) geschehen, ansonsten bleibt das Vertrauen der Bank eingeschränkt. Liegt nach Offenlegung und einer soliden Liquiditätsplanung der Gesamtkapitaldienst für die Bodenkauffinanzierung unterhalb des Durchschnitts der langfristigen Kapitaldienstgrenzen des Agrarunternehmens in den letzten drei Jahren und gibt es auch keine negativen Ratingmerkmale, dann sollte einer positiven Kreditentscheidung der Bank nichts im Wege stehen! Ansonsten sollte schnellstmöglich eine andere Bank gesucht werden, bzw. von vornherein parallel das Angebot einer weiteren Bank eingeholt werden. Denn oftmals unterscheiden sich die Angebote im Detail doch erheblich, auch hinsichtlich möglicher Verhandlungsspielräume. Hierzu gehören Fragen nach Darlehens- und Tilgungsvarianten und ob es z.B. Sondertilgungsmöglichkeiten gibt. Unterschiedliche Kapitaldienstbelastungen entstehen auch in Abhängigkeit von einem variablen oder festen Zinssatz, der Dauer der Konditionsbindung, der Anschlussfinanzierung, der Kosten der Grundschuldbestellung und späteren Freigabe, einer möglichen Vorfälligkeitsentschädigung usw. usf. Alle diese Punkte können bei einer langfristigen Finanzierung (mehr als fünf Jahre – bis über dreißig Jahre) zu erheblichen Belastungsunterschieden für den Darlehensnehmer führen. Je nach Kredithöhe können unter Umständen mehrere tausend Euro eingespart werden! Daher sollte der Bodenkäufer nicht nur der bessere „Bewirtschafter“ der Fläche sein, sondern auch der bessere „Wirt“ bei der Finanzierungsgestaltung und Kreditverhandlung. Unsere Beratungserfahrung zeigt klar, dass generell der Investitions- und Finanzierungsoptimierung von Agrarunternehmen wesentlich stärkere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Liegt hierin doch noch ein erhebliches betriebliches Kostensenkungspotenzial, welches zu heben sich in jedem Falle lohnt. (bö)

Autor: Dipl.-Ing. agr. Gero Nawroth
Geschäftsführender Partner
AGRARCONSULT
Nawroth &Partner Unternehmensberater



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